Intro 2000
L'Envole

ZUM GELEIT

Bis 120...

„Ad meah-we'esrim!– Bis 120 Jahre mögest Du werden!", ist ein schöner und optimistischer Geburtstagswunsch in Hebräisch. Die hohe Zahl haben wir zwar „noch" nicht erreicht, aber immerhin feiern wir heuer das zehnjährige Jubiläum der Jüdischen Filmwochen. Da man bei solchen Anlässen meist auf Vergangenes zurückblickt, möchten wir hier die zehn Jahre kurz Revue passieren lassen.

Zuvor wollen wir jedoch eine immer wieder gestellte Frage erneut beantworten und die Auswahlkriterien für die von uns präsentierten Filme  definieren. Es ist nicht wichtig, ob die Menschen vor und hinter der

Courtesy TNVO/Les Films de l'Espoirr

Kamera jüdischer Abstammung sind oder welcher Nation oder Religionsgemeinschaft sie angehören. Für uns zählt allein die im Film erzählte Geschichte, die sich mit jüdischen Thematiken beschäftigen muss.

Die erste Jüdische Filmwoche – initiiert von Prof. Kurt Rosenkranz und veranstaltet mit Dir. Viktor Billek – fand vom 5. bis 10. Oktober 1991 im Filmhaus Stöbergasse statt. Es wurden 16 Produktionen, darunter sechs Österreich-Premieren, gezeigt. Angeregte Podiumsdiskussionen mit geladenen Künstlern wie Alex Levac, Erwin Leiser und Eli Cohen rundeten das Programm ab.

Ein Jahr später kam es am gleichen Ort zur nächsten Veranstaltung (3. bis 11. November), bei der 18 Dokumentar- bzw. Spielfilme unter dem Motto "Von Moskau bis Paris – Juden im europäischen Nachkriegsfilm" präsentiert wurden. Eingeladen waren unter anderen die Künstler Vadim Jean, Gary Sinyor, Axel Corti und George Tabori, um mit dem Publikum zu diskutieren. Auch in den folgenden Jahren konnten wir immer wieder Gäste einladen, da wir nicht nur Filme zeigen sondern vielmehr die Begegnung mit Künstlerinnen und Künstlern auch ermöglichen wollten und wollen.

Aufgrund des regen Publikumsinteresses beschlossen wir, die Filmwoche 1993 vom  30. Oktober bis 11. November im zentral gelegenen und adäquateren Opernkino zu veranstalten. Diese wurde der Darstellung jüdischer Frauenschicksale gewidmet. Die Filmauswahl wollte einen möglichst umfassenden Überblick von "typisch weiblichen" Charakteren bis hin zu emanzipierten und unabhängigen Frauen vermitteln.

Die JFW '94 (8. bis 13. Oktober) stand unter einem höchst erbaulichen Motto: "Jüdischer Humor im Film". Neben Klassikern wie Ernst Lubitschs To Be or Not to Be – diesen Film wiederholen wir heuer, weil er nicht nur best off unseres Festivals war, sondern einer der best off all films ist – zeigten wir damals das gleichnamige Remake von und mit Mel Brooks, aber auch jiddische Kleinode aus den USA der 30er und 40er Jahre.

Unter dem Titel "Lang ist der Weg" wurden während der JFW '95 (7. bis 12. Oktober) Produktionen zum Thema "Migration und Zivilcourage" gezeigt. Marek Halter, der Regisseur von Tzedek Die Gerechten, einer bewegenden Dokumentation über jene, die Verfolgten das Leben retteten, war bei der Eröffnung anwesend.

Im Jahre 1996 widmeten wir uns dem Thema "Judentum und Politik" (12. bis 17. Oktober). Trotz schmerzhafter Subventionskürzungen seitens des Bundes konnten wir ein vielfältiges Programm zusammenstellen, dessen Schwerpunkt auf israelischen und palästinensischen Produktionen lag.

Wie schon im Jahr zuvor präsentierten wir auch damals wieder einen antisemitischen Nazi-Propagandastreifen: Die Rothschilds (D 1940).

1997 fand die JFW (12. bis 16. Oktober) zum letzten Mal im – mittlerweile zu einem Kinderkino umgestalteten – Opernkino statt. In fünf Tagen zeigten wir 24 Filme, davon 23 österreichische Kino-Erstaufführungen. Eröffnet wurde die Woche mit Francesco Rosis La Tregua, der berührenden Schilderung der langen Heimkehr des italienischen Schriftstellers Primo Levi aus dem Konzentrationslager.

Die JFW '98 dauerte vom 6. bis 18. Juni. Schwerpunkt war das 50-jährige Jubiläum der Staatsgründung Israels. Hierfür bot das Künstlerhauskino einen festlichen Rahmen. Mit israelischen und palästinensischen Produktionen aus verschiedenen Epochen wollten wir die Entwicklung des Kinos in Israel/Palästina, aber auch gesellschaftlich brisante Probleme dokumentieren. In einem Panorama zeigten wir neuere Produktionen zum Thema Judentum.

Die Filmwoche des letzten Jahres (11. bis 18. November 1999) widmeten wir dem Motto "Jüdische Schicksale in Filmen Ost- und Zentraleuropas". Veranstaltungsort war das Imperialkino, mittlerweile das erste türkischsprachige Kino Wiens. In Zusammenarbeit mit dem Film Archiv Austria, dem Polnischen Kulturinstitut und dem Ungarischen Kulturinstitut präsentierten wir ungarische und polnische Produktionen mit jüdischer Thematik. Anschließend an die vielfach preisgekrönte polnische Dokumentation Der Fotograf  wurde eine Podiumsdiskussion darüber veranstaltet, ob und wie Farbe die Rezeption von dokumentarischem Material beeinflusst. Zudem zeigten wir DDR-Produktionen, darunter – in Erinnerung an Jurek Becker – Jakob der Lügner, dessen amerikanisches Remake mit Robin Williams unser Eröffnungsfilm war.

Wie schon die Jahre zuvor mussten wir auch im Jahr 2000 mit empfindlichen Budgetkürzungen seitens des Bundes kämpfen. Trotz dieser Widrigkeiten haben wir es geschafft, auch heuer wieder ein – wie wir meinen – attraktives Programm zusammenzustellen. In einer Art Revue – "The Best of 10 Years Jewish Film Weeks" – werden wir die Highlights der vergangen Veranstaltungen präsentieren, aber auch, in einer internationalen Show, neuere Produktionen und Erstaufführungen zum Thema Judentum zeigen. Besonders freut es uns, heuer drei Regisseurinnen in Publukumsgesprächen vorzustellen: Irene Loebell aus Zürich, Carla Knapp aus Wien und last but not least die Grande Dame des Jüdischen Filmes, Joan Micklin Silver aus New York.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte unserer Home Page
http://www.jfw.at

Last but not least möchten wir uns bei all jenen bedanken, ohne deren Zuwendungen und tatkräftige Hilfe wir die Filmwochen nie zustande gebracht hätten – insbesondere bei der Kunstsektion im Bundeskanzleramt, beim Kulturamt der Stadt Wien und bei unserem Hauptsponsor, der Creditanstalt, aber auch bei jeder einzelnen Person.


Monika & Frédéric-Gérard Kaczek, Stephan Gáspár